Enge in der Kehle und zugeschnürter Hals beim Singen hoher Töne: Was tun?

Bernadette & Friends6. April 2024
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In der Gesangspädagogik gibt es einen Spruch: „Der größte Feind des Sängers ist das Abschnüren.“ Viele, Anfänger wie angehende Sänger, haben damit zu kämpfen: In Sprechstimmlage singen ist angenehm, die Stimme klingt warm und voll. Je weiter sie beim Singen nach oben gehen, desto enger fühlt sich alles an. Die Töne klingen gequetscht und schrill. Es ist, als wenn beim Singen die Kehle einschnürt.

Singen mit Abschnürung: Muskulatur und typische Anzeichen

Das Gefühl der Enge und des Einschnürens der Kehle beim Singen hat eine ganz handfeste Grundlage. Schuld daran ist eine Muskelgruppe, die den martialischen, aber treffenden Namen „Schlundschnürer“ trägt. Das sind großflächige Muskeln, die beim Schlucken den Rachen verengen und dabei helfen, Nahrung in die Speiseröhre zu befördern.

Was wenige wissen: Dieselben einschnürenden Muskeln sind auch beteiligt, wenn Gefühle wie Traurigkeit, Angst oder Wut in uns aufsteigen. Wir spüren dann, wie es uns sprichwörtlich „die Kehle zuschnürt“. Singt ein Anfänger mit hoher Stimme einen emotionalen Part, passiert es nicht selten, dass genau dieser muskuläre Reflex eingreift. Die Folge: Sein Gesang klingt eng und gequetscht.

Die unangenehme Enge überträgt sich auf die Zuhörer, und auch der Gesangsanfänger spürt es. Typische Anzeichen für das Singen mit Abschnürung sind: ein Gefühl des Würgens beim Singen, Kehle oder Hals tun weh beim Singen oder Sprechen, frühe stimmliche Ermüdung oder Heiserkeit, und die Unfähigkeit, von der Bruststimme in die Kopfstimme „überzuflippen“.

Zum Glück gibt es Wege, diese einschnürenden Kehlmuskeln zu überlisten. Drei bewährte Übungen dazu möchten wir Dir empfehlen. Sie helfen, falls Du auch mit dem Thema der Enge in der Kehle zu tun hast.

Übung 1: das lautlose Lachen

Eine einfache Hilfe, Deinen Kehlraum zu öffnen, ist die Haltung des lautlosen Lachens. Denk an eine lustige Situation, die Dich zum Lächeln, dann zum Lachen bringt. Lass Dein Lachen zu einem lauten „Ha-Ha-Ha“ anschwellen. Als Nächstes stell Dir vor, Du spielst Panomime und lachst ohne Ton, aber genauso heftig wie zuvor. Merk Dir diese Haltung des lautlosen Lachens, und auch wie sie sich anfühlt.

Dann lächle, atme ein. Erinnere Dich an die Haltung des lautlosen Lachens und seufze. Gleite beim Seufzen zum Beispiel über fünf Töne herab (5-4-3-2-1), halte den letzten Ton etwas länger. Nutze unterschiedliche Vokale dafür und geh in angenehmer Stimmlage auf und ab. Bevor Du singst, starte immer mit dem Gefühl des stillen Lachens, das Deinen Kehlraum öffnet.

Übung 2: die Energie des kraftvollen Sprechens nutzen

Mach Dir bewusst: Wenn Du mit hoher Stimme singst, zum Beispiel „beltest“, sollte sich Dein Kehlkopf nicht anders anfühlen als beim klaren, kraftvollen Sprechen. Nimm ein paar kurze Silben, sprich sie laut, mit hoher Energie, aber in bequemer Sprechstimmlage: „A-ha!“ oder „O-ho!“ wie bei einer Geburtstagsüberraschung, ein freudiges „Hallo!“, oder englisch „Oh yes!“

Dann sing (oder rufe) die Silben mit derselben Lautstärke in verschiedenen Stimmlagen. Höre dabei auf den freien, mühelos kraftvollen Klang Deiner Stimme. Und spüre, wie sich Deine offene Kehle anfühlt – wie anders als beim gepressten Singen. Versuche dann, diese Offenheit auf Deinen Gesang zu übertragen. Mach am besten ein paar kurze Vokalisen oder Vocal Runs, bevor Du Dir wieder Deinen Song vornimmst, bei dem Dir eng im Hals wurde.

Übung 3: Kopf in den Nacken

Und der beste Trick, die abschnürenden Kehlmuskeln am Eingreifen zu hindern: Kopf in den Nacken. Wie schon gesagt, sind diese Muskeln Teil Deiner Schluckmuskulatur. Schau probeweise einmal zur Decke hoch und versuche, zu schlucken. Das Schlucken wird Dir sehr schwer fallen, weil Deine Schluckmuskulatur mit dem Kopf im Nacken so weit gedehnt ist, dass sie sich kaum noch anspannen kann.

Nutze diese Muskelschwäche in der Dehnposition, indem Du Deinen Kopf beim Singen in den Nacken legst und nach oben schaust. So greifen die einschnürenden Muskeln nicht in Deinen Gesang ein. In der Folge „lernt“ Dein Stimmapparat (es ist ein neuromuskuläres Lernen durch Wiederholung), Deine Stimmbänder unabhängig von den einschnürenden Schluckmuskeln zu aktivieren. Kurz: Deine Kehle wird wieder frei beim Singen.

Zum Üben fang am besten mit einfachen Vokalisen an: etwa mit dem Vokal A in kleinen Schritten auf- und abwärts (1-2-3-2-1). Leg den Kopf dabei nicht ganz in den Nacken, nur so weit, als würdest Du beim Sport aus einer Wasserflasche trinken. In derselben Position, der Trinkhaltung, sing dann auch mal den Song, an dem Du gerade arbeitest.

Ein Tipp, damit Du keine Nackenstarre bekommst: Nimm ein Handtuch, spanne es hinter Deinem Kopf auf und leg Deinen Kopf darauf ab. Falls es Dir schwerfällt, das Handtuch mit dem Gewicht Deines Kopfes die ganze Zeit im Stehen zu halten, setz Dich damit zurückgelehnt in einen Sessel.

Stimmeffekte ohne Abschnüren

Das reflexhafte Einschnüren der Kehle beim Singen durch die Schluckmuskulatur ist ein Übel, gerade für angehende Sängerinnen und Sänger. So wichtig es ist, diesen Reflex zu vermeiden, so falsch wäre es aber auch, jeden Gebrauch der Schluckmuskulatur beim Singen für schlecht zu erklären.

Der sogenannte „Twang“ ist ein Beispiel dafür: ein Sound, welcher der Stimme mehr Schärfe und Tragfähigkeit gibt – eine häufig genutzte Stimmqualität im Pop- und Soulgesang, hervorgerufen durch eine Verengung des Kehlraums. Mehr noch, einschnürende Kehl- und Gaumenmuskeln wirken bei vielen scharfen, schrillen oder auch knurrenden Stimmeffekten mit, die Stars einsetzen.

Deshalb müssen wir den Spruch vom Anfang etwas einschränken: Reflexhaftes Abschnüren der Kehle beim Singen in der Höhe ist „der Feind des Sängers“. Bewusst eingesetzt zum Ausdruck von Emotionen, können die einschnürenden Kehl- und Gaumenmuskeln hingegen nützlich sein. Dann gehört ihr Gebrauch zu den vielen Tools im Werkzeugkasten erfahrener Sängerinnen und Sänger.

Wende Dich am besten an eine erfahrene Gesangslehrerin, falls Enge in der Kehle ein Thema für Dich ist. Bei fachkundiger Unterstützung wirst Du die Erfahrung machen: Sobald Du das Abschnüren Deiner Kehle, die ungewollte Enge beim Singen, überwunden hast, macht es auch Spaß, die vielen Effekte und Ausdrucksmöglichkeiten Deiner Stimme zu erkunden.

Übungen für eine gute Haltung, Atemtechnik und den Aufbau Deiner Stimme findest Du auch in meinen Onlinekursen. Schau gern in mein Kursangebot rein: https://singasong-behappy.de/online-gesangsunterricht/

Sing A Song – Be Happy

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