Riffs & Runs singen

Bernadette & Friends30. September 2023
Eine Frau mit Mikrofon springt erfreut in die Höhe - das Bild steht symbolisch für das erfolgreiche Singen von vocal riffs and runs

Seit es die Rock- und Popmusik gibt, gehören Vocal Riffs and Runs zu den großen Momenten: Wenn die Band am Ende eines Songs stoppt und die Sängerin holt alles aus ihrem letzten Ton heraus. Mit einer atemberaubend schnell auf- oder absteigenden Melodielinie. Eine Wortsilbe ist es nur oder ein Vokal, der kunstvoll über viele Töne gedehnt wird.

Ein „Melisma“ wird das genannt, zeitgemäßer: ein „Vocal Run“. Oder ein „Riff“, wenn die schnelle Tonfolge rhythmisch in den Song eingebettet ist und regelmäßig wiederkehrt. Wenn Du selbst Riffs singen lernen möchtest, gebe ich Dir in diesem Blog-Artikel mit ein paar einfachen Übungen eine Starthilfe.

Was ist ein Vocal Riff?

So ein Vocal Riff oder Run ist eine Demonstration stimmlicher Agilität und Akrobatik. Hier siehst Du ein paar herausragende Beispiele dafür, wild zusammengeschnitten:

Musst Du das können? Zum Glück nein, jedenfalls nicht, wenn Du kein Vokalakrobat werden möchtest. Aber es ergänzt deinen Werkzeugkasten als Sängerin oder Sänger um ein wichtiges Tool, wenn Du ein paar melodische Verzierungen oder Skalen beherrschst.

Eine einfache Melodie gewinnt enorm durch eine kleine Verzierung, wie Du in dem nächsten Song von Ed Sheeran gleich zu Anfang hörst. Es sind nur kleine Tonschlenker, auf den Worten „le-egs“, „ca-an’t“ oder „mo-outh“, die den Unterschied machen. Schnelle Tonfolgen, aufwärts und dann (im Refrain) auch abwärts, die der gesungenen Melodie Eleganz verleihen.

Wie singt man solche schnellen Tonfolgen auf einer Silbe oder einem Vokal? Vielen Gesangsanfängern fällt das schwerer als gedacht. Bei Deinem ersten Versuch, ein Riff oder einen Run Deines Lieblingsstars nachzusingen, kamst Du vielleicht auch ins Stolpern: die Töne kamen zu langsam, klangen zwischendurch schief oder verschwammen miteinander. Um ein Vocal Riff singen zu lernen, gibt es eine Reihe von effektiven Gesangsübungen.

Der Schlüssel: Vibrato

Bei dem zusammengeschnittenen Video am Anfang ist Dir vielleicht aufgefallen, dass die Stars ihre Vocal Runs oft mit Vibrato ausklingen lassen. In derselben Geschwindigkeit, in der sie zuvor ihren Run gesungen haben. Das ist kein Zufall.

Der Schlüssel zu all diesen virtuosen Auf- und Abgängen ist das Vibrato: das rhythmische Auf und Ab des ausgesungenen Tons. Es ist der gleiche Rhythmus, das gleiche Pulsieren, mit dem die Stars auch in ihren Riffs und Runs auf- und absteigen.

Du möchtest gar nicht mit Vibrato singen, weil Dir das zu oldschool klingt? Keine Sorge, das musst Du am Ende auch nicht. Sieh es wie ein Werkzeug für Deinen Kasten: Deine Fähigkeit, einen Ton schnell rhythmisch pulsieren zu lassen, verhilft Dir dazu, schnelle Riffs und Runs zu singen.

Tu mal so, als würdest Du lachen, aber nicht lauthals, offen („Ha – Ha – Ha“), sondern verhalten. Mit geschlossenem Mund, in schneller Tonfolge: „hm – hm – hm – hm – hm“. Leg Deine Hand auf den Bauch und mach es nochmal: Spürst Du das leichte Auf- und Abhüpfen Deiner Bauchregion? Das ist Dein großer Atemmuskel, das Zwerchfell, das dabei pulsiert, zusammen mit Deiner Bauchmuskulatur.

Von der Atemwelle zum Vocal Run: eine bewährte Übung

Dein „hm – hm – hm …“ ist ein sogenanntes „Stakkato“, eine rhythmische Folge voneinander getrennter Töne. Das rhythmische Pulsieren, in das Dein Zwerchfell dabei gerät, verhilft Dir dazu, Deine Riffs und Runs zu singen. Denn Vocal Runs sind wie ein schnelles Stakkato, verbunden zu einer durchgehenden Melodielinie, einem „Legato“. Die folgende Übung führt Dich da hin:

  • Sing noch einmal das schnelle „hm – hm – hm – hm – hm“, wie in einem verhaltenen Lachen, aber auf ein und demselben Ton. Spüre dabei das Auf- und Abhüpfen Deines Bauchraums, das vom Zwerchfell kommt. Am Ende steige in fünf Tonschritten (eine Quinte) ab, bleib dabei im Stakkato:
Mögliche Tonfolge, um einen Vocal Riff zu singen
  • Dann öffne Deinen Mund und mach dieselbe Stakkato-Übung noch einmal mit dem Vokal „A“, mit dem Abstieg in fünf Tonschritten am Ende. Achte darauf, den Lufthauch am Anfang jedes Tons, das „hA“ möglichst herauszunehmen, hin zu einem: „A – A – A – A – A“. Und, wichtig: Auch wenn das „h“ wegfällt, sing die Stakkatos mit einem weichen Anschwellen der Einzeltöne (nicht mit einem harten, „glottalen“ Tonansatz).
  • Schließlich sing die Tonfolge mit dem Vokal „A“ nochmal, im selben Rhythmus, diesmal aber mit verbundenen Tönen, im Legato. Deine Töne hören sich jetzt an wie rhythmische Betonungen auf jedem einzelnen „A“. Spüre weiterhin das kleine Pulsieren Deines Bauchraums bei jedem Akzent. Dein Kehlkopf und Kiefer bleiben von Anfang bis Ende entspannt.

Mit den verbundenen, akzentuierten Tönen bist Du nun in ein Vibrato übergegangen: Du singst auf der „Atemwelle“, die wir im Blog-Artikel über das Vibrato unter die Lupe genommen haben. Und die Abwärts-Tonfolge ist zu einem „Vocal Run“ geworden.

Tonfolgen und Skalen üben

Wie geht’s weiter? Am leichtesten sind absteigende Vocal Runs oder Riffs zu singen, und sie sind auch die gebräuchlichsten. In Ed Sheerans Song hörst Du im Refrain immer wieder eine schnell absteigende Terz. Sie wird häufig zur Verzierung einer Melodie eingesetzt:

Mögliche Tonfolge, um einen Vocal Riff zu singen

Im Pop- und Soulgesang hast Du außerdem sicher schon die absteigende Blues-Skala gehört (ohne das b-Vorzeichen wird sie auch „pentatonische Skala“ genannt):

Mögliche Notenfolge für einen Vocal Riff


Etwas schwieriger sind aufsteigende oder auf- und absteigende Runs. Unser Tipp: Wenn Du aus dem Rhythmus gerätst oder die Töne verschwimmen, beginne wieder mit Stakkato-Tönen, die Du dann zu einer pulsierenden Legato-Linie ausglättest:

Dann nehme Dir einen Run oder ein wiederkehrendes Riff aus einem Deiner Song-Favoriten vor. Beim Üben fang am besten in mittlerer Stimmlage an und sing zuerst langsam. Erst wenn Du sicher bist, dass Du jeden Ton richtig triffst, sing die Töne schneller. Nimm einen Vokal, mit dem Du Dich wohlfühlst.

Vielleicht summst Du die Tonfolge oder Skala zuerst, oder Du beginnst mit einem kleinen „U“. Singst Du gern soulig und „beltest“ gern, nimm ein offenes „O“ (wie in „Wonne“) oder „A“. Erst wenn Du Dich damit sicher fühlst, übe mit der Silbe, auf der das Riff oder der Run in Deinem Song gesungen wird.

Gesangstechnische Voraussetzungen

Besonders beeindruckend klingen Vocal Runs, wenn die Stars sie in hohen Stimmlagen singen oder über einen großen Tonumfang. Übst Du die Blues-Skala nicht nur in der Sprechstimmlage, sondern gehst mit ihr schrittweise nach oben, stößt Du aber bald an eine Grenze, an der Du stimmlich „umschalten“ musst: von der volltönenden „Bruststimme“ in die „Kopfstimme“ und zurück.

Die „Plattform“ zum Umschalten ist Deine Mittelstimme: Sie liegt zwischen Brust- und Kopfstimme und erlaubt Dir, zwischen den beiden Stimmregistern hin und her zu wechseln, ohne dass Deine Zuhörer einen Bruch hören. Mach deshalb regelmäßig Übungen zum Wechsel zwischen Brust- und Kopfstimme von der Mittelstimme aus. Dann kannst Du Runs auch in höheren Stimmlagen singen, rauf und runter, so weit Dein Stimmumfang reicht.

Und Du brauchst Du eine gute Atem- und Stütztechnik für Deine Vocal Runs. Vor jedem Run atme mit einem kurzen Zwerchfell-Impuls (Bauchatmung) ein. Gerade genug für Deine Gesangsphrase, ohne ein Gefühl von Luftstau in Deinen Lungen. Während Du Deine Tonfolge singst, behalte die Einatmungshaltung bei. Deine Zwischenrippenmuskeln bleiben aktiv, um Deinen Brustkorb beim Singen so lange wie möglich gedehnt zu halten.

Vocal Riffs und Runs klingen toll und begeistern das Publikum. Außerdem sind sie eine gute Übung für Deine stimmliche Beweglichkeit und Schnelligkeit. Sie machen Spaß, sind aber auch gesangstechnisch anspruchsvoll. Lass Dich beim Üben deshalb am besten von einem erfahrenen Gesangslehrer unterstützen.

Gute Übungen für Registerwechsel oder Atemtechnik findest Du auch in meinen Online-Gesangskursen. Schau gern in mein Kursangebot rein:
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Sing A Song – Be Happy

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