Heute richte ich mich an alle unter Euch, die bisher noch nicht auf der Bühne gestanden haben und sich fragen, welches die ersten Schritte dorthin sein könnten. Viele meiner Gesangsschüler haben sich eine solide Gesangstechnik erarbeitet und wissen, welche Art von Musik sie machen möchten und für welches Publikum. Sie singen in Chören, in Bands oder sind als Solokünstler unterwegs. Es gibt aber auch andere, gerade junge Gesangstalente, die ihren ersten Auftritt vor einem Publikum noch vor sich haben.
Live-Auftrittserfahrung
Der Weg auf die Bühne kann sehr unterschiedlich sein. Einige meiner Gesangsschüler haben ihre ersten Auftrittserfahrungen im Kreis ihrer Familie und Freunde gesammelt. Auf Geburtstagsfeiern, privaten Partys und Familienfeiern. Sie singen Geburtstagslieder, Weihnachtslieder, Lieblingslieder von Familienmitgliedern oder Freunden, Coversongs oder sogar selbst getextete Songs. Dabei begleiten sie sich selber oder singen zu einem Playback. Unter Freunden oder in der Familie: Der Bereich des Privaten ist das naheliegendste Umfeld, um zum ersten Mal live vor Publikum zu singen.
Doch „Publikum“ beinhaltet nicht von Ungefähr die Bedeutung „öffentlich“. Der nächste Schritt ist das Singen in der Öffentlichkeit. Wer Erfahrungen sammeln möchte, der muss raus aus den eigenen vier Wänden auf die Bühne, vor ein fremdes Publikum. Darum: Trau Dich, aus Deiner häuslichen Komfortzone herauszutreten und vor einem wildfremden Publikum zu singen! Nimm möglichst jede Gelegenheit dazu wahr, sobald Du einen Song soweit geprobt hast, dass Du ihn sicher vortragen kannst.
Du wirst jedes Mal viel lernen, besser werden und mehr Selbstvertrauen im Umgang mit dem Publikum gewinnen. Die größten Stars waren stets nicht nur gute Sängerinnen und Sänger, sondern auch herausragende Performer. Die Fähigkeit, mit Deinem Gesang ein Publikum zu unterhalten und mitzureißen, kannst Du nur live erproben und ausbauen. Anregungen zur Verbesserung Deiner Live-Performance findest Du hier.
Sehr beliebt und empfehlenswert, um erste Live-Erfahrungen zu sammeln, sind öffentliche Karaoke- oder Open-Stage-Veranstaltungen. Im Jazz, aber auch in der Rock- oder Singer-Songwriter-Szene ist die offene Bühne ein Klassiker und für Newcomer fast ein Muss. Viele kennen diese Veranstaltungen unter der Bezeichnung „Open Mic“ oder „Jamsession“. Wer dort singt, bekommt in der Regel keine Gage. Im Gegenzug können sich die Teilnehmer vor Publikum erproben und es steht ihnen eine richtige Bühne mit Sound- und Lichtsystem zur Verfügung.
Offene Bühnen oder Sessions bringen Dir viele Vorteile. Sie bieten nicht nur die Chance, Deine ersten öffentlichen Auftritte zu absolvieren und Selbstvertrauen vor Publikum zu entwickeln, oder mit Mikro und Bühnentechnik umgehen zu lernen. Du lernst auch andere Musiker kennen, erlebst, wie sie live spielen, wie sie mit Dir zusammen spielen, knüpfst Kontakte. Oft sind Open-Stage-Veranstaltungen eine Kontaktbörse für angehende Sänger, die so Musiker für ihre erste Band finden.
Nebenbei: Zwar ist es keine zwingende Voraussetzung, aber es macht vieles einfacher, wenn Du als Sänger oder Sängerin noch ein Instrument spielen kannst. Am geläufigsten sind harmonische Instrumente wie Gitarre oder Klavier, weil man sich mit ihnen gut selbst begleiten kann. Auch für die Abstimmung mit anderen Musikern ist es hilfreich, wenn Du Takt/Rhythmik, Tonarten und Akkordwechsel Deiner Songs schon von Deinem eigenen Instrument kennst und vorführen kannst.
Soziale Medien & Website
Im Zeitalter weltweiter digitaler Vernetzung brauchst Du heute kaum mehr als Dein Smartphone und einen Laptop, um den nächsten Schritt zu tun: Mach die Welt mit Dir und Deiner Musik bekannt! Mit dem Smartphone kannst Du bereits qualitativ gute Videos erstellen. Filme Dich selber beim Singen von Songs oder bitte einen Freund, einen Deiner Auftritte zu filmen. Mithilfe einer einfachen Software kannst Du die besten Ausschnitte daraus zu einem Video zusammenschneiden.
Beachtest Du die geltenden urheberrechtlichen Regeln, kann YouTube ein guter Startpunkt für Dich sein, um Videos mit Deinen Songs und Auftritten zu veröffentlichen – YouTube hat schon so manchen Newcomern zu internationaler Bekanntheit verholfen. Einer von ihnen ist Charlie Puth, der auf YouTube mit dem Hochladen von Cover-Songs begonnen hatte. Bis er, schon bekannt, seine erste eigene Single veröffentlichte. Es ist der Titel „Marvin Gaye“, im Duo gesungen mit Meghan Trainor:
Nicht nur YouTube, auch TikTok, eine Facebook-Seite und ein Instagram-Account bieten Möglichkeiten, Dich mit Kurzvideos und Bildern zu zeigen. Für viele Künstler sind diese sozialen Medien so etwas wie ein kostenloser Homepage-Ersatz. Für klassische Kommunikationswege ist die eigene Website jedoch immer noch eine gute Plattform, um Dich und Deine Musik im Komplettpaket der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Auf Deine Website gehören: Deine Bio (Deine musikalische Lebensgeschichte), Fotos (die Deine Persönlichkeit und Deinen Stil zeigen), Medien (Videos und Audio-Mitschnitte von Deiner Musik), ein Kalender (mit Deinen nächsten Auftritten) und eine Kontakt-Seite. Auch Links auf Deiner Website zu anderen Künstlern können Dein Netzwerk und damit Deine Reichweite vergrößern: Verlinken die anderen im Gegenzug Deine Website auf ihren Seiten, dann finden die Fans der anderen auch zu Deiner Musik.
Mit Singen Geld verdienen
Möchtest Du aus dem Singen einen Beruf machen, dann sind die Social-Media-Kanäle sowie Deine Website das Sprungbrett für Deine Selbstvermarktung – neben Deinen Live-Auftritten, mit denen Du Dir einen Namen machst und Dir nach und nach Deine Fanbase aufbaust. Ich sage ganz bewusst „Selbstvermarktung“, weil Dir am Anfang Deines Wegs kein Manager, keine Agentur zur Verfügung steht, welche Dir bezahlte Auftritte verschafft. Es ist unumgänglich, Dich von Anfang an selbst darum zu kümmern, Kontakte zu Veranstaltern und Bookern aufzubauen.
Selbstverständlich beginnt kaum jemand seine Karriere mit gut bezahlten Auftritten. Für noch unbekannte Sänger und Sängerinnen ist es im Gegenteil wichtig, so gut wie jede Auftrittsmöglichkeit zu nutzen, bezahlt oder nicht. Wenn Du jedoch bekannter wirst und Publikum anziehst, das kommt, um Dich zu sehen, bekommst Du einen „Marktwert“ und kannst für Deine Auftritte Geld verlangen.
Das ist ein entscheidender Entwicklungsschritt. Denn sobald Du für Deine Kunst bezahlt wirst, wird es ernst mit Deiner Karriere. Damit stellst Du Dir wie auch anderen unter Beweis, dass Dein Gesang etwas wert ist. Aber auch hier empfehle ich Dir, erst einmal möglichst viel auszuprobieren. Möglichkeiten, gegen Bezahlung aufzutreten, bieten Clubs, Hotels, Restaurants, Lounges, Varietés, Festivals, auch Hochzeitsgesellschaften oder Firmenfeiern.
Immer wieder werden auch gute Stimmen für Werbespots oder Musikproduktionen im Tonstudio gesucht. Oder, eine spannende Herausforderung für schauspielerisch interessierte Sänger: Musical-Rollen für Inszenierungen im Musiktheater. Auch über Musikbörsen anzuheuern als Sängerin einer bestehenden Band oder als Backgroundsänger in einer Band mit Auftritten in angesagten Locations, kann lohnenswert sein. Und nicht zu vergessen: Casting-Shows, von denen „The Voice of Germany“ nur das bekannteste Format unter vielen ist.
Ich hoffe, ich habe Dir mit diesem Artikel Mut gemacht, aktiv zu werden und Deine ersten Schritte auf die Bühne zu planen. Schau gerne auch in meine Online-Gesangskurse rein.